29.04.2025

Die Immobilienbranche reagiert auf den Koalitionsvertrag der CDU/CSU und SPD

Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft reagiert auf den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung mit verhaltener Zuversicht. Während sich viele Verbände über die angekündigten politischen Maßnahmen zur Beschleunigung des Wohnungsbaus freuen, bleiben andere Themen – wie Eigentumsbildung, Mietrecht und Klimaschutz im Bestand – für die Branche kritisch oder unklar.


Klares Bekenntnis zum Wohnungsneubau
Einigkeit herrscht bei der Bewertung der wohnungspolitischen Zielrichtung: Die neue Bundesregierung bekennt sich zum Wohnungsbau, der als wirtschafts- und sozialpolitisches Schlüsselthema behandelt werden soll. Mit der geplanten Wiedereinführung der EH-55-Förderung, der Verschlankung von Planungs-, Umwelt- und Vergaberecht und einem Investitionsfonds für bezahlbaren Wohnraum stößt der Vertrag bei GdW, JLL und weiteren Akteurinnen und Akteuren auf Zustimmung.

Der GdW spricht von einem „riesigen Schritt in die richtige Richtung“. Besonders die angekündigte Entkopplung von Energieeffizienz und CO₂-Minderung als neue Steuerungsgröße beim Klimaschutz im Gebäudebestand wird als wichtiger Paradigmenwechsel bewertet. Die Maßnahmen könnten in der Umsetzung sowohl für Mieter als auch Vermieter zu deutlicher Kostenentlastung führen – sofern Förderinstrumente und gesetzliche Klarstellungen nachgeliefert werden.

Planungsrecht und Standardisierung
Die geplante Novellierung des Baugesetzbuchs in zwei Schritten wird grundsätzlich begrüßt. In der ersten Phase soll mit einem Wohnungsbau-Turbo, einer Stichtagsregelung für Planungsprozesse und vereinfachten Umweltanforderungen (TA Lärm, TA Luft) gearbeitet werden. Mittelfristig ist eine umfassende Reform angekündigt – etwa durch das vereinheitlichte Verfahren „one-for-many“.

Ebenso sollen bautechnische Standards überarbeitet, DIN-Normen auf ihre Kostenauswirkungen geprüft und der Gebäudetyp E rechtlich abgesichert werden. Die Branche begrüßt diese Pläne, verweist jedoch auf die Notwendigkeit konkreter Zeitpläne und klarer Zuständigkeiten. Ohne belastbare Verfahren könnte der Bürokratieabbau ins Leere laufen.

Mietrecht
Mit gemischten Gefühlen blickt die Branche auf die mietenpolitischen Passagen. Während der GdW die geplante Einsetzung einer Mietrechtskommission begrüßt, kritisieren andere Verbände das Fehlen eines klaren mietenpolitischen Rahmens. Die Verlängerung der Mietpreisbremse um vier Jahre, die Konkretisierung des Mietwucherparagrafen und die Option weiterer Regulierung in angespannten Märkten – etwa für Indexmieten oder möbliertes Wohnen – werden als Risiko für Investitionssicherheit gewertet.

Laut JLL ist eine stärkere Regulierung dieser Mietsegmente besonders kritisch, da sie zuletzt verstärkt zur Neubautätigkeit beigetragen haben. Der Deutsche Mieterbund hingegen kritisiert die schwarz-rote Linie als zu zaghaft: Maßnahmen wie ein Mietenstopp oder eine Länderöffnungsklausel fehlten vollständig.

Klimapolitik im Bestand
Mit dem Vorschlag, das Gebäudeenergiegesetz (GEG) zu reformieren und technologieoffener zu gestalten, trifft der Vertrag einen Punkt, der lange gefordert wurde. Eigentümer sollen flexibler entscheiden können, wie sie den CO₂-Ausstoß ihrer Gebäude senken – nicht nur über Dämmung, sondern auch durch Photovoltaik, Wärmepumpen und andere Maßnahmen.

Die Immobilienwirtschaft bewertet diesen Ansatz als sinnvoll, fordert aber dringend Klarheit zur künftigen Förderkulisse und zur Ausgestaltung von Umlagefähigkeit und Mitwirkungsrechten. Gerade bei Wohnungseigentümergemeinschaften warnt der BVI vor langwierigen Entscheidungswegen und mangelnder Planungssicherheit.

Eigentumsförderung
Im Bereich der Eigentumsbildung enttäuscht der Vertrag große Teile der Branche. Während steuerliche Anreize für Familien in Aussicht gestellt werden, bleibt eine Entlastung bei der Grunderwerbsteuer vollständig aus. Der IVD spricht von „Lippenbekenntnissen“ und kritisiert die fehlende Evaluation des Wohnungseigentumsgesetzes.

Auch die Verlängerung der Umwandlungsbeschränkung sowie die Ausweitung kommunaler Vorkaufsrechte stoßen auf Kritik – sie könnten insbesondere kleineren Projektentwicklungen zusätzliche Hürden in angespannten Märkten bereiten.

Fazit
Die Immobilienbranche erkennt im Koalitionsvertrag wichtige Reformansätze, insbesondere im Bereich Neubau und Verfahrensrecht. Die große Linie stimmt – aber an einigen Stellen fehlen verbindliche Fahrpläne, Finanzierungsdetails oder gesetzgeberische Klarheit.

Vor allem bei Eigentum, Bestandssanierung und Mietregulierung bleiben viele Fragen offen. Ob der Vertrag einen echten Aufbruch markiert, wird sich erst in der konkreten Umsetzung zeigen – darauf blickt die Branche nun mit Spannung.


Bildnachweis: iStock Getty


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