
In unserer Interview-Reihe „Im Fokus“ verraten Expertinnen und Experten der Wohnungswirtschaft, was die Branche wirklich bewegt. In dieser Ausgabe berichtet Dr. Alexander Conreder, Leitung Wohnungswirtschaft bei EnBW Energie Baden-Württemberg AG, welche wichtigen Änderungen der neue werktägliche Lieferantenwechsel nach § 20a EnWG für Immobilienverwaltungen und Bestandshalter mit sich bringt und wie sie sich optimal darauf vorbereiten können.
imo-news: Herr Dr. Conreder, was genau verbirgt sich hinter dem werktäglichen Lieferantenwechsel und welche Folgen hat das neue Gesetz für Energieversorger und deren Kunden?
Dr. Alexander Conreder: Die von der Bundesnetzagentur initiierte Gesetzesänderung nach §20a EnWG zielt darauf ab, den Wettbewerb am Strommarkt zu fördern, zu digitalisieren und administrative Hürden zu reduzieren. Für Unternehmen der Wohnungswirtschaft – insbesondere Mietverwaltungen, kommunale Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften – bedeutet das, dass Kundenwechsel künftig schneller möglich sind. Die Bestätigung der Neuanmeldung beim Vorlieferanten bzw. Netzbetreiber muss im Zuge dessen innerhalb von 24 Stunden erfolgen. Da es sich jedoch um die grundlegendste Prozessveränderung in den vergangenen 15 Jahren handelt, die alle Marktteilnehmer umsetzen müssen, kann es anfangs durchaus zu Verzögerungen und Herausforderungen kommen. Darauf müssen sich auch die Kunden der einzelnen Lieferanten einstellen.
Was müssen Wohnungsunternehmen bei der An- und Abmeldung von Mietern künftig beachten?
Ab dem 6. Juni 2025 gelten neue gesetzliche Vorgaben, die eine rückwirkende Neuanmeldung oder Abmeldung ausschließen. Wenn ein Mieter auszieht oder ein neuer Mieter einzieht, müssen die Wohnungsunternehmen den Bewohnerwechsel daher rechtzeitig im Voraus bei ihrem Energielieferanten melden. Eine Abmeldung ist frühestens zum nächsten Werktag möglich, eine Neuanmeldung zum übernächsten Werktag. Das bedeutet für die Praxis: Wohnungsunternehmen sollten die Auszugs- und Einzugsdaten ihrer Mieter frühzeitig erfassen und die entsprechenden Meldungen rechtzeitig an den Energieversorger weiterleiten. Wichtig dabei: Die 24 Stunden beziehen sich auf die Wechselzeit nach der Meldung des neuen Lieferanten an den alten Lieferanten. Natürlich benötigt der neue Lieferant aber auch Zeit, eine solche Meldung zu verarbeiten, vor allem wenn diese über einen nicht speziellen Meldekanal kommt. Manche Energieversorger erwarten deshalb eine Vorlaufzeit von mehreren Werktagen.
Warum ist eine rückwirkende Abmeldung nicht mehr möglich?
Die Bundesnetzagentur hat diese Regelung eingeführt, um die energiewirtschaftlichen Prozesse zu beschleunigen und zu vereinheitlichen. Eine rückwirkende Abmeldung würde die neuen digitalen Standards und die beschleunigte Abwicklung von Lieferantenwechseln behindern. Für Wohnungsunternehmen heißt das, dass die internen Prozesse für Aus- und Einzüge entsprechend angepasst werden müssen, damit die erforderlichen Meldungen fristgerecht erfolgen.
Was passiert, wenn eine Abmeldung nicht rechtzeitig erfolgt?
Wenn eine Abmeldung nicht rechtzeitig erfolgt, bleibt das Wohnungsunternehmen oder der bisherige Mieter zahlungspflichtig, bis der Vertrag ordnungsgemäß gekündigt ist. In der Praxis könnte das dazu führen, dass das Unternehmen oder der vorherige Mieter für den Verbrauch des neuen Mieters aufkommen muss. Deshalb ist es besonders wichtig, die Abmeldung korrekt und fristgerecht durchzuführen.
Und was passiert, wenn eine Neuanmeldung nicht rechtzeitig erfolgt?
Wird die Neuanmeldung nicht rechtzeitig vorgenommen, erfolgt die Belieferung automatisch zu den Preisen der Grundversorgung. Das kann für Wohnungsunternehmen oder neue Mieter nachteilig sein, da die Grundversorgungstarife in der Regel teurer sind als individuell vereinbarte Tarife. Darüber hinaus wird der Verbrauch möglicherweise dem Vormieter oder dem Vermieter in Rechnung gestellt, was zu Unstimmigkeiten und potenziellen Streitigkeiten führen kann. Auch hier gilt: Eine rechtzeitige und korrekte Neuanmeldung sorgt für Klarheit und vermeidet Konflikte.
Welche Rolle spielt die MaLo-ID bei den neuen Prozessen?
Die Marktlokations-Identifikationsnummer, kurz MaLo-ID, wird ab dem 6. Juni 2025 zur Pflichtangabe bei jeder An-, Ab- und Ummeldung von Energielieferverträgen. Jede Verbrauchsstelle, also jede Wohnung oder jedes Gebäude, verfügt über eine eindeutige MaLo-ID, die fest mit dem Standort und dem jeweiligen Zähler verknüpft ist. Sie wird vom zuständigen Netzbetreiber vergeben, besteht aus einer elfstelligen Nummer und ist auf der Stromrechnung, im Begrüßungsschreiben des Energieversorgers oder im Online-Kundenbereich zu finden. Für die Wohnungswirtschaft ist es daher sinnvoll, die MaLo-IDs der jeweiligen Verbrauchsstellen zentral zu erfassen und systematisch zu verwalten, um den An- und Abmeldeprozess effizient abzuwickeln.
Gut zu wissen: Um wohnungswirtschaftlichen Unternehmen die Umstellung auf den werktäglichen Lieferantenwechsel zu erleichtern, bietet die EnBW am 12. Mai 2025 ein spezielles Webinar an. Dort erhalten Sie detaillierte Informationen zu den neuen Prozessen und haben die Möglichkeit, individuelle Fragen zu klären. HIER geht’s zu weiteren Infos und zur kostenlosen Anmeldung.
Bildnachweis: EnBW Energie Baden-Württemberg AG